Das „Fack Ju Göthe – Theater“ im Werk 7
Das Theater liegt im Werksviertel, einem neu entstehenden Viertel hinter dem Münchner Ostbahnhof, einer riesigen Baustelle. Also so richtig schön ist das Umfeld noch nicht. Früher war hier das Pfanni-Werk und am Schluss die Kultfabrik. Nun ist in das alte Pfanni-Kartoffellager das Musical-Theater für Fack Ju Göthe eingezogen. Etwas versteckt zwischen den ganzen Bauzäunen. Es ist schon anders, als die sonst bekannten Stage-Theater. Irgendwie unvollständig und provisorisch. Der Eingang lädt auch nicht direkt zum Reinkommen ein. Beton, Bretterwand und ein paar Graffitis weisen den ungemütlichen Weg. Scheint aber noch nicht so ganz fertig zu sein, hoffe ich zumindest mal…
Im Foyer:
Die Turnhalle…
Getränke gibt es im Plastikbecher statt in Gläsern und Tassen, wie auf einem Konzert. Aber man darf seine Getränke dann auch mit zum Sitzplatz nehmen und den wollen wir nun auch einnehmen. Dafür geht es durch den Vorhang und über die Bühne rauf auf die Tribüne. Wir sind nun in einer Turnhalle.
Während Direktorin Gerster über Lautsprecher droht, Smartphones einzukassieren und auf eBay zu verticken, wenn man damit Fotos oder Filme macht, und zur Eile anmahnt, endlich den Platz einzunehmen, füllt sich nun auch die Bühne nach und nach mit Requisiten und den Darstellern. Die Show beginnt mit einem lautstarken Knall…
Se Musikäl begins…
Es wird laut, es wird schrill, es ist anders… Es dauert ein wenig, bis man sich an die Lautstärke gewöhnt hat. Ungewohnt ist die sehr kurze Distanz zu den Darstellern. Diese stehen der ersten Reihe fast schon auf den Füßen und von unseren Plätzen in Reihe 3 kann man ihnen direkt in die Augen sehen. Uns trennt ja auch nur ein guter Meter. Es ist sehr nah, vielleicht auch schon etwas zu nah. Die Musikauswahl geht kreuz und quer durch alle Muskirichtungen. Soli, Duette und ruhigere Stücke kommen sehr gut rüber, wenn aber die gesammelte Cast auf der Bühne singt, dann dreht die Band auf und droht den Gesang zu übertönen. Musiktechnisch meiner Meinung nach das einzige Manko. Ansonsten passte musikalisch alles zusammen. Stimmlich waren alle Darsteller sehr gut.
Die Darsteller
Sehr gut fand ich den Allround-Darsteller, der so ziemlich jede Nebenrolle des Films verkörperte, sei es den Knastbruder von Zeki, den Barbesitzer, den Drogenabhängigen, den Hartzer, den Nazi, den Öko-Lama-Besitzer, Lehrer Gundlach von der Theater-AG und gefühlt noch zig weitere Rollen. Eine sehr runde Sache.
Ach ja, wäre da noch Frau Gerster zu erwähnen, mit ihrem Überwachungswahn und umgehängten Klebestift… Top, mehr kann man nicht sagen.
Zum Inhalt und Umsetzung (Ab hier: Spoileralarm!)
Im Vorfeld habe ich schon überlegt, welche Handlung uns erwartet. Wird es eine neue oder abgewandelte Handlung geben? Nein, der Inhalt war wirklich genau der des ersten Films. Alle Sprüche, wie „Chantal heul leise!“, waren da. Chronologisch wurde etwas umgestellt. Anders als im Film kann man hier im Musical aber schon tiefer in die seelischen Probleme der Charaktere eintauchen. Jeder Hauptcharakter macht hier seinen kleinen musikalischen Seelenstrip (Lied: „Zeitkapsel“). In den Filmen wird das – meiner Meinung nach – erst über alle drei Teile deutlich.
Lisis Halluzinationen, als sie „auf Lama“ ist, driften leicht in Richtung Bollywood ab, aber ohne zu kitschig zu werden. Was ich schön fand, das Stück der Theater-AG „Rambo und Yoda“ (Chantal) „Romeo und Julia“ wird sehr ausführlich dargestellt, quasi als ein Musical im Musical. Anders als im Film wird Zeki am Ende durch eine gemeinsame Aktion der 10b mit Lisi vom Überfall abgehalten und zurückgeholt (Lied: „…fang an zu schreiben…“). Musikalisch alles sehr gut gemacht. Den Abschluss bildet dann die Abschlussfete und die Bekanntgabe der allgemeinen Versetzung der 10b in die Oberstufe durch Chantal. Na dann: „Wir haben Bock auf Abschlussfete! Schei** auf Schiller, Fack Ju Göthe“!
Mein Fazit zu „Fack Ju Göthe – Se Mjusicäl“: Einfach mal reingehen!
Ach ja, wer die Filme schon nicht mag, der sollte hier vielleicht auch besser wegbleiben 😉
Bleibt meine Frage vom Anfang: Warum war es recht schlecht besucht? Keine Ahnung. Das Musical ist bestimmt nicht schuld. Eventuell ist das Theater aktuell wegen der Baustellensituation rundherum nicht so gut erreichbar… (Kommentar letztens zum Werksviertel: „Mit den ganzen Baustellen, Bretterzäunen und blöden Laufwegen, ist mir abends schon mulmig, da zu gehen.“) und somit nicht gerade ein bevorzugtes Ziel am Abend. Und vielleicht ist der Gründonnerstag oder die Karwoche wirklich nicht die bevorzugte Zeit für ein Musical…
Preise
Sicherlich sind die typisch hohen Preise bei Stage-Produktionen ein Punkt, den man betrachten sollte. Vergleiche ich das Theater mit anderen Stage-Theatern (Hamburg, Stuttgart, Berlin etc.), dann ist das Werk 7 schon recht einfach gehalten. Gegen die Aufwände, die bei Produktionen wie „König der Löwen“, „Tanz der Vampire“ usw. betrieben werden, gibt sich „Fack Ju Göthe“ sehr einfach, fast laientheaterhaft gestrickt. Somit finde ich den Preis von 85 € – 95 € für die beste Preiskategorie (gefühlt ca. 50% der Plätze) etwas zu happig. Aber es gibt ja auch immer wieder Sonderaktionen, u.a. für junge Leute, Familien und Schulklassen. 😉
Als kleiner Appetitanreger hier das offizielle Video: