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Fack Ju Göthe – Se Mjusicäl

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Logo Fack Ju Göthe - Se MjusikälIrgendwann hieß es mal, dass nun auch München sein Musical-Theater von Stage-Entertainment bekommt. Gespannte Vorfreude, was da denn wohl gespielt würde. Ausgerechnet „Fack Ju Göthe – Se Mjusicäl“ in Zusammenarbeit mit Constantin Film sollte es sein. Also mal wieder ein Ableger eines erfolgreichen Kinofilms. Ich muss sagen, ich war nicht übermäßig begeistert. Im Kino ist die Trilogie gerade erst abgelaufen und Teil 1 läuft andauernd im TV. Da soll genau der Teil auch schon auf die Bühne? Ist das nicht etwas früh? Wird das nicht zuviel des Guten? Also so richtig Bock auf das Musical hatte ich nicht.

Fotowand im FoyerSchließlich war dann Premiere und die Kritiken waren in der Überzahl gut, aber es gab auch zahlreiche schlechte. Also wollte ich mir doch ein eigenes Bild machen. Trotzdem zögerte ich noch, mir das Werk direkt mal anzusehen. Irgendwie waren mir die Filme und deren Schauspieler noch zu präsent. Andere Produktionen haben sich da in der Bühnenadaption schon wesentlich mehr Zeit gelassen. Aber was soll es, an Gründonnerstag sind wir nun ins Werk 7 in München gegangen und haben uns doch „Fack Ju Göthe – Se Mjusicäl“ angesehen. Gespannt, wie der Film auf die Bühne gebracht wird und ob man nicht zu sehr an den Film-Charakteren hängt und zu sehr vergleicht. Aber erstmal waren wir enttäuscht, weil das Theater nur zu 2/3 besetzt war. Woran lag es? Das Stück, das Theater, der Gründonnerstag, die Schulferien? Keine Ahnung…

Das „Fack Ju Göthe – Theater“ im Werk 7

Das Theater liegt im Werksviertel, einem neu entstehenden Viertel hinter dem Münchner Ostbahnhof, einer riesigen Baustelle. Also so richtig schön ist das Umfeld noch nicht. Früher war hier das Pfanni-Werk und am Schluss die Kultfabrik. Nun ist in das alte Pfanni-Kartoffellager das Musical-Theater für Fack Ju Göthe eingezogen. Etwas versteckt zwischen den ganzen Bauzäunen. Es ist schon anders, als die sonst bekannten Stage-Theater. Irgendwie unvollständig und provisorisch. Der Eingang lädt auch nicht direkt zum Reinkommen ein. Beton, Bretterwand und ein paar Graffitis weisen den ungemütlichen Weg. Scheint aber noch nicht so ganz fertig zu sein, hoffe ich zumindest mal…

Im Foyer:

Toiletten mit GraffitiesDrinnen hat auch alles einen recht pragmatischen oder provisorischen Touch. Vorhänge trennen Foyer vom Theaterraum ab. Auch hier kühle Werkshallenumgebung, Betonatmosphäre. Garderoben und Bar heben sich dann aber in knalligen Farben ab. Das Personal ist sehr nett und zuvorkommend. Die Fotowand mit Fack Ju Göthe Logos ist gut besucht. Im hinteren Teil steht dann auch der Süßigeiten-Automat, in dem man dann Selfies machen kann. Die Toiletten sind draußen… Man muss wirklich aus der Halle raus in die Kälte und findet dort grafittibesprühte Toilettencontainer, allerdings gut beheizt. Passt zwar zum Konzept, wirkt aber irgendwie auch unfertig. Zumindest etwas mehr Überdachung wäre nett gewesen, denn man steht auch recht schnell in einer Pfütze. Gehört das zum Konzept oder ändert sich das noch?

Die Turnhalle…

Getränke gibt es im Plastikbecher statt in Gläsern und Tassen, wie auf einem Konzert. Aber man darf seine Getränke dann auch mit zum Sitzplatz nehmen und den wollen wir nun auch einnehmen. Dafür geht es durch den Vorhang und über die Bühne rauf auf die Tribüne. Wir sind nun in einer Turnhalle. SitzeDie Sitze sind der Turnhalle angepasst. Es handelt sich um Plastik-Halbschalensitze. Bequemer als erwartet waren sie schon, aber für meinen Rücken wäre eine normale Rückenlehne statt der halbhohen Lehne im Laufe des Abends angenehmer gewesen. Immerhin sitzt man zweieinhalb Stunden drauf. In Summe passen die Sitze und die Tribühne aber zum Bühnenbild der Turnhalle, in der sich nun alles abspielen wird. In der ersten Etage sitzt hinter der Sprossenwand die Band des Abends. Davor ein Balkon und unten ein Basketballfeld voller Graffitis.

Während Direktorin Gerster über Lautsprecher droht, Smartphones einzukassieren und auf eBay zu verticken, wenn man damit Fotos oder Filme macht, und zur Eile anmahnt, endlich den Platz einzunehmen, füllt sich nun auch die Bühne nach und nach mit Requisiten und den Darstellern. Die Show beginnt mit einem lautstarken Knall…

Se Musikäl begins…

Es wird laut, es wird schrill, es ist anders… Es dauert ein wenig, bis man sich an die Lautstärke gewöhnt hat. Ungewohnt ist die sehr kurze Distanz zu den Darstellern. Diese stehen der ersten Reihe fast schon auf den Füßen und von unseren Plätzen in Reihe 3 kann man ihnen direkt in die Augen sehen. Uns trennt ja auch nur ein guter Meter. Es ist sehr nah, vielleicht auch schon etwas zu nah. Die Musikauswahl geht kreuz und quer durch alle Muskirichtungen. Soli, Duette und ruhigere Stücke kommen sehr gut rüber, wenn aber die gesammelte Cast auf der Bühne singt, dann dreht die Band auf und droht den Gesang zu übertönen. Musiktechnisch meiner Meinung nach das einzige Manko. Ansonsten passte musikalisch alles zusammen. Stimmlich waren alle Darsteller sehr gut.

Die Darsteller

Turnhallenboden mit GraffitiesIrgendwie habe ich in letzter Zeit immer das Glück, dass die Hauptrollen durch Cover bestzt waren, also durch die Zweitbesetzung. So auch dieses Mal, wo zumindest Zeki und Lisi nicht durch die Erstbesetzung abgedeckt wurden. Ehrlich gesagt, war es egal. Der Zeki-Darsteller war super, keine Ahnung, was man da noch besser hätte machen können. Lisi war etwas jung geraten, aber ansonsten auch echt gut. Danger war von der Körpergröße etwas zu klein im Vergleich zu Chantal und Burak, die einfach größer waren. Das wirkte manchmal nicht 100% stimmig mit Dangers Anführerposition. Aber ansonsten Chapeau, was die Darsteller alles geleistet haben. Gefühlt bekamen sie Kilometergeld statt Gage. Ständig unterwegs, ob erste Etage über Treppe, Leiter rauf oder runter über eine Bank-Rutsche, kreuz und quer über die Bühne und rein ins Publikum. Die Bühne war überall, die Darsteller waren überall.

Sehr gut fand ich den Allround-Darsteller, der so ziemlich jede Nebenrolle des Films verkörperte, sei es den Knastbruder von Zeki, den Barbesitzer, den Drogenabhängigen, den Hartzer, den Nazi, den Öko-Lama-Besitzer, Lehrer Gundlach von der Theater-AG und gefühlt noch zig weitere Rollen. Eine sehr runde Sache.

Ach ja, wäre da noch Frau Gerster zu erwähnen, mit ihrem Überwachungswahn und umgehängten Klebestift… Top, mehr kann man nicht sagen.

Zum Inhalt und Umsetzung (Ab hier: Spoileralarm!)

Im Vorfeld habe ich schon überlegt, welche Handlung uns erwartet. Wird es eine neue oder abgewandelte Handlung geben? Nein, der Inhalt war wirklich genau der des ersten Films. Alle Sprüche, wie „Chantal heul leise!“, waren da. Chronologisch wurde etwas umgestellt. Anders als im Film kann man hier im Musical aber schon tiefer in die seelischen Probleme der Charaktere eintauchen. Jeder Hauptcharakter macht hier seinen kleinen musikalischen Seelenstrip (Lied: „Zeitkapsel“). In den Filmen wird das – meiner Meinung nach – erst über alle drei Teile deutlich.

TurnhalleIrgendwie musste man es schaffen, alles in einer Turnhalle mit den verfügbaren Materialien (Bänke, Pauschenpferd, kleine und große Kästen, Matten, Mattenwagen etc.) umzusetzen. Echt gut gelungen. Hut ab! Die Mattenwagen waren dabei die Bühnen auf der Bühne. Ein paar Matten drauf und sie wurden zu Betten, ein paar Kästen drauf und sie wurden zu Büros. Mit dicken Matten und ein paar kleinen Trampolinen kann man auch die Schwimmbadszene herrlich (und in Zeitlupe) nachspielen. Beim Schulausflug wurden die Szenen per Mattenwagen an der 10b vorbeigeschoben. Und aus zwei umgedrehten Bänken kann man dann auch die Gleise für den Wagon nachahmen, der imaginär besprüht wird. Aus den Zwischenstücken eines großen Kastens wird dann auch Zekis gegrabener Tunnel.

Lisis Halluzinationen, als sie „auf Lama“ ist, driften leicht in Richtung Bollywood ab, aber ohne zu kitschig zu werden. Was ich schön fand, das Stück der Theater-AG „Rambo und Yoda“ (Chantal) „Romeo und Julia“ wird sehr ausführlich dargestellt, quasi als ein Musical im Musical. Anders als im Film wird Zeki am Ende durch eine gemeinsame Aktion der 10b mit Lisi vom Überfall abgehalten und zurückgeholt (Lied: „…fang an zu schreiben…“). Musikalisch alles sehr gut gemacht.  Den Abschluss bildet dann die Abschlussfete und die Bekanntgabe der allgemeinen Versetzung der 10b in die Oberstufe durch Chantal. Na dann: „Wir haben Bock auf Abschlussfete! Schei** auf Schiller, Fack Ju Göthe“!

Mein Fazit zu „Fack Ju Göthe – Se Mjusicäl“: Einfach mal reingehen!

Logo Fack Ju Göthe - Se MjusikälSehenswert. Hätte ich nicht gedacht. Man hat nicht versucht, sich zu verstellen und was anderes als den ersten Film auf den Turnhallenboden zu bringen. Zeki und Chantal kommen auch optisch schon verdammt nah an die Filmoriginale ran. Da hier die grelle Filmkulisse durch eine recht triste Turnhalle ersetzt wurde, kommt den Charakteren mehr Beachtung zu und diese werden auch teilweise mit mehr Tiefgang dargestellt. Sicherlich nicht vergleichbar mit anderen Produktionen wie „Tanz der Vampire“ oder so. Aber es ist in sich stimmig. Junge Darsteller in einem etwas anderen Theater mit passender Musik machen Laune auf einen kurzweiligen Abend. Und das ist doch das Wichtigste, oder? 😉

Ach ja, wer die Filme schon nicht mag, der sollte hier vielleicht auch besser wegbleiben 😉

Bleibt meine Frage vom Anfang: Warum war es recht schlecht besucht? Keine Ahnung. Das Musical ist bestimmt nicht schuld. Eventuell ist das Theater aktuell wegen der Baustellensituation rundherum nicht so gut erreichbar… (Kommentar letztens zum Werksviertel: „Mit den ganzen Baustellen, Bretterzäunen und blöden Laufwegen, ist mir abends schon mulmig, da zu gehen.“) und somit nicht gerade ein bevorzugtes Ziel am Abend. Und vielleicht ist der Gründonnerstag oder die Karwoche wirklich nicht die bevorzugte Zeit für ein Musical…

Preise

Sicherlich sind die typisch hohen Preise bei Stage-Produktionen ein Punkt, den man betrachten sollte. Vergleiche ich das Theater mit anderen Stage-Theatern (Hamburg, Stuttgart, Berlin etc.), dann ist das Werk 7 schon recht einfach gehalten. Gegen die Aufwände, die bei Produktionen wie „König der Löwen“, „Tanz der Vampire“ usw. betrieben werden, gibt sich „Fack Ju Göthe“ sehr einfach, fast laientheaterhaft gestrickt. Somit finde ich den Preis von 85 € – 95 € für die beste Preiskategorie (gefühlt ca. 50% der Plätze) etwas zu happig. Aber es gibt ja auch immer wieder Sonderaktionen, u.a. für junge Leute, Familien und Schulklassen. 😉

Als kleiner Appetitanreger hier das offizielle Video:

Autor: Olaf

Bielefelder in Bayern. Arminia Bielefeld Fan (Schmerz-Sucher). Football Fan. Technik-Freund. Kino- und Musical-Fan. Hauptberuflich Online-Marketing-Fuzzi. Berufspendler und DB-/MVG-Geschädigter.

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